Von der Stadt in die Stadt
Ich bin echt ne Landpomeranze. Auch wenn ich aus Berlin komme. Gucke naiv in der Gegend rum, wenn mich andere Fahrradfahrer schneiden, mir die Vorfahrt nehmen, mich anblaffen, weil ich zu langsam bin.
Mir kommen die Berliner so freundlich vor, sie nehmen Rücksicht beim Radfahren, lächeln sich auch mal und fahren sich aus dem Weg.
ArbeitsImpressionen
Die Arbeit gefällt mir. Und meinetwegen könnte A. in B. bleiben. Es läuft ohne sie. Heute haben wir sogar nachmittags miteinander gelacht.
Insgesamt bleibt es chaotisch, und je höher die (männliche) Position, desto wortkarger werden sie. Ich fürchte, viel Information geht verloren, viele Wege und Prozesse sind intransparent, viele wissen zu wenig. Das kostet viel Energie. Ein Fall für Wissensmanagement ;-)
Autosprache ist ja eine ganz spezielle. Da sagt der Kunde (wie auch der Kunde aus dem Bereich Mobilität und Logistik): bitte kein Englisch und auch alles nach dem Duden schreiben. Dass es aber von denglischen Eigennamen wimmelt und auch die BinnenMajuskeln bzw. Versalien viel zu häufig zu Wort kommen, wollen die jeweiligen Entscheider dann doch nicht anders entscheiden. GRUSELITSCH! Dynamische Stabilität Control … EfficientDynamics … Ich bin wohl noch nicht lange genug Texterin, als dass ich mich damit anfreunden kann, und es geht mir auch nicht leicht von der Feder, so einen Scheiß zu schreiben. Und jetzt fang ich selbst schon, die BinnenMajuskeln zu übernehmen *GRUSEL*.
Von Wohnung suchen und finden
Knapp vier Wochen ist es her, dass A. und ich die Konditionen für unseren Job ausgehandelt haben. Dazu gehörte unter anderem, dass die Agentur uns die Unterkunft bezahlt. Natürlich auf Dauer kein Hotel, das wollte niemand von uns. Wir haben angeboten, uns eine Wohnung zu suchen, wenn sie uns eine finanzielle Hausnummer nennen. Nein. Stattdessen haben sie zwei Angestellte beauftragt (oder vielleicht nur schlecht gebrieft), uns etwas zu suchen. Für uns beide zusammen. Was wir beide kategorisch abgelehnt haben. zu unterschiedlich unser Lebensstil. Wir arbeiten schon den ganzen Tag zusammen, da müssen wir nicht noch gemeinsam den Feierabend verbringen. Wir kennen uns nicht. Beide haben wir mehrere Adressen weitergegeben, mit der Bitte, dort nachzufragen. Gestern hab ich mal nachgefragt, wie weit die Wohnungssuche gediehen ist (ich hatte derweil, ebenso wie A., schon einige Angebote gecheckt und kontaktiert). „Öh, nee, schwierig, weil bald Messe, und so eine große Wohnung für euch beide …“ Himmel hilf!
Aber dann haben sie es doch geschafft, uns zwei Adressen zu mailen: die eine für eine Souterrainwohnung am Ende von Wandsbek, ca. 10 Kilometer nach Nordosten, die andere, grauslich eingerichtet, ca. 10 Kilometer nach Nordwesten, hart an der Grenze zu Schleswig-Holstein (nun gut, das ist in Hamburg nicht so ungewöhnlich), aber ungemütlich bis zum Letzten.
Über meine jetzige Vermieterin hab ich rausbekommen, dass sie 400 Euro/Monat bekommt. Von X. habe ich die Adresse seiner ehemaligen Freundin bekommen. Sie ist willens und fähig eine Rechnung im Sinne der Steuerrechts zu stellen. Also, wo ist das Problem?
Männer und Frauen
Also werde ich in der kommenden Woche Z., einer ehemaligen Freundin meines Liebsten ziehen. Früher wäre es undenkbar gewesen. Ich sage nur Eifersucht. Heute ist es interessant und fast schon selbstverständlich. Wir sind fast gleich alt, haben ähnliche Entwicklungen hinter uns, ähnliche Vorstellungen vom Leben und vermutlich auch ähnliche Dinge vor uns. Und haben mal denselben Mann geliebt. Also, ich liebe ihn ja immer noch. Sie hoffentlich nicht … wie war das noch gleich mit der Eifersucht … och nö, das ist mir zu anstrengend … obwohl etwas in mir aufmerkt, wenn er anmerkt, er würde gerne mit uns beiden zu Abend essen …
und nochmal Arbeit
Ich bin wieder an einem Punkt, wo mir die Arbeit so viel Spaß macht, dass ich gar nicht aufhören will. Ich mag es, Aufgaben so strukturieren, dass jeder sie abarbeiten, ausfüllen, darauf bauen kann, ohne das konzeptionelle Rad neu zu erfinden. Ich will die Textbooks so modifizieren, dass kein/e Texter/in mehr Zeit als unbedingt nötig damit verbringen muss, sondern einfach nur schreiben kann.
Zwischen Zeit und Raum
Es ist immer wieder wunderbar entspannend. Erst stehst du auf dem Bahnsteig und wartest (ich bin ja immer mindestens 15 Minuten vorher da). Leute beobachten. Die einen, die wie ich jeden Woche hin und herfahren und dementsprechend unaufgeregt sind. Die Kinder, die mit Sack und Pack, Diddlemaus und Winnie Pooh, mit Mama, Papa, Oma oder Opa, aufgeregt heumhüpfen und jeden Zug, jeden Vogel, jede Ansage kommentieren. Die jungen Frauen, ein Handy am Ohr, mal mit, mal ohne Freundin. Die pseudocoolen jungen Männer, etwas müde, den Schlips schon gelockert, aber immer noch sehr businessmäßig.
So einer sitzt oder vielmehr hängt mir jetzt gegenüber. Ich steh ja auf Männer im hellen Hemd mit Krawatte, leichtem Bartschatten und dieser einsamer-Wolf-Attitüde. Er packt das Laptop aus und macht sich ganz selbstverständlich breit auf dem schmalen Tischchen, als ob er einzige ist, der darauf Anspruch hat. Mein Gegenüber hat sympathischerweise noch ein Bier getrunken, die Flasche mit dem Feuerzeug geöffnet- auf sowas steh ich auch (keine Ahnung, welche Instinkte oder Klischees da bei mir durchbrechen). Na, auf jeden Fall ist er jetzt weggedämmert, liegt da ganz entspannt und wirkt auf einmal gar nichtmehr cool, sondern nur sehr verletzlich, sehr jung und empfindsam. Sowas gucke ich mir sehr gerne an. Ich kann mich gut daran erinnern, dass mich das früher angeturnt hat, Kribbeln im Bauch und erotische Gedanken. Heute habe ich sie nicht mehr. Das stört mich nicht und macht mich auch nicht traurig. Ich stelle es nur fest. Manchmal, bei der richtigen Musik, bei einem muskulösen männlichen Unterarm im Blickfeld, oder einem Blick auf den Hals, flattert es im Bauch – und meistens denke ich an V. Manchmal weiß ich, dass ich mir früher in solchen Momenten gewünscht hätte, richtig gut flirten zu können. Heute will ich das nicht mehr.
Schreiben oder nicht
Je mehr ich damit beschäftigte, desto schwerer fällt es mir. Ist es nur eine faule Ausrede, oder warum finde ich nicht die richtigen Worte? Suche ich genug? Nehme ich mir genügend Zeit? Je weniger ich geschrieben habe, desto größer schien der Wunsch, Schriftstellerin zu werden, ein Buch zu schreiben. Jetzt, nach einem oder mehreren Schreibkursen, merke ich, dass es nicht einfach so nebenbei geht. Anfangs wollte ich nur eine leichte seichte Komödie schreiben, weil ich wusste, dass ich es eh nie zum Pulitzerpreis schaffen würde. Mir fehlen nicht die Ideen, bloß der Spannungsbogen. Und selbst bei dieser so simplen Aufgabe komme ich nicht weiter. Was auch mit Hamburg bzw. dem Job zu tu hat: er saugt meinen Kopf völlig leer.
Und jetzt sind wir gleich auch schon in Spandau – und alle Gedanken werden wieder ausgedacht. Aus der Zwischenzeit zurück in die Echtheit. Bonjour Berlin