Blauer Stern. Ist doch ein bezaubernder Name für ein Kino. ich stelle mir ein kleines Offkino vor. Etwas oldfashioned. Nicht sehr groß. Aber erstmal muss ich dahin kommen. Es liegt ziemlich am Ende von Berlin. Von Tempelhof aus gesehen.
Es ist schwül am Freitagnachmittag, in der M1 steht die Luft. Wir fahren und fahren. Von Mitte über Prenzlauer Berg nach Pankow nach Niederschönhausen. Draußen schüttet es inzwischen wie aus Eimern. Eigentlich müsste die Bahn schon längst da sein. Irgendwie bin ich falsch gefahren. Schon fast in Rosenthal, statt in der Hermann-Hesse-Straße. Drei Straßenbahnstationen zu weit bedeutet 15 Minuten Fußweg zurück und 25 Minuten zu spät im Kino ankommen. Vielleicht bringt der Film ja Abkühlung: Ausgerechnet Sibirien.
Das Kino
Der Blaue Stern liegt im Parterre eines typischen Berliner Wohnhauses in Niederschönhausen. Direkt neben einem Blumenladen, gegenüber ist die Haltestelle. 1870 als Tanzsaal eines Lokals erbaut, wurden hier bereits 1917 Kinofilme gezeigt. In den 1930er-Jahren gab es dann ein richtiges Kino: die Bismarck-Lichtspiele. Blauer Stern heißt das Kino seit 1946. Zwei Jahre vor dem Mauerfall wurde es wegen Baufälligkeit geschlossen und erst neun Jahre später wieder eröffnet. Seitdem ist es das einzige Kino in Pankow. Und wie der Name schon sagt, ist es blau. Kein roter Teppich, kein roter Vorhang, dafür goldene Sterne auf blauem Samt. Beide Säle haben bequeme Sessel mit viel Beinfreiheit, moderne Technik und Dolby 3D.
Kino Blauer Stern. Hermann-Hesse-Str. 11, 13156 Berlin-Pankow. Tel.: 030/47 61 18 98
www.kino-blauerstern.de
ÖPNV: Tram: M1, Bus: 107, 150, 250 bis Hermann-Hesse-Straße/Waldstraße
Preise: 7 €, ermäßigt 6 €, Kinotag: Di + Mi, 5,50 €, Kinderkino: 4,50 €
Der Film
Auch wenn ich zu spät gekommen bin, habe ich das Wichtigste wohl noch mitbekommen. Dass sich der dröge Versandhauslogistiker Matthias Bleuel aus dem Ruhrgebiet im hintersten Sibirien in eine schorische Kehlkopfsängerin verguckt. „Ihr Lied ist großartig und erinnert mich daran, wie weit weg ich von Leverkusen bin.“ und daraufhin sei Leben völlig umkrempelt: dem neuen Mann seiner inzwischen schwangeren Exehefrau alles Gute wünscht, seinen Job aufgibt, im Garten ein Erdloch mit Schwitzhütte aushebt. Sein Auto, seine Wohnung, seine Flugticket dem schwulen und ziemlich gut aussehenden Übersetzer Atjom überlässt und nur mit seinem Rucksack in ostsibirische Steppe zu Saljana, ihrer Tochter und ihrer Mutter zieht.
Der Eindruck
Ganz nett. Ganz nette Bilder. Ganze nette Geschichte, ganz nette Musik. Ganz nett eben. Eigentlich schade, dass zwei der fünf Besucher schon nach der Hälfte des Films gegangen sind.
Darsteller/innen: Joachim Król, Katja Riemann, Vladimir Burlakov, Yulya Men
Regie: Ralf Huettner
Drehbuch: Michael Ebmeyer und Minu Barati
Schnitt: Horst Reiter
Kamera: Stefan Ciupek
Deutschland 2012, 100 Minuten